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Seit ich denken kann, liebe ich Bücher. Eine geheimnisvolle Faszination ging stets für mich von ihnen aus. Sie waren und sind meine geistige Heimat und zugleich mein Tor zur Welt. 

Bücher führten mich auf Reisen, in ferne Welten und vergangene Zeiten. Ich war überall und zugleich bei mir, war ich und zugleich eine andere, je nachdem welches Buch ich zur Hand nahm: Ich war die kluge Scheherazade, die Geschichten erzählte, tausendundeine Nacht lang, um ihr Leben zu retten. Ich war Pippi Langstrumpf, Schöpferin einer Welt, wie sie ihr gefällt, eigenwillig, mutig, anarchisch und stark. Ich war auch Annika, schüchtern, brav und zart. Ich war Schneeweißchen und Rosenrot. Ich war Rapunzel, eingesperrt in einen Turm. Ich war die kleine Seejungfrau, die ihre schöne Stimme hingab, um ihrem Geliebten zu folgen. Ich war Dornröschen, das in einen hundertjährigen Schlaf fiel. Und ich war der kleine Prinz, der sich unsterblich in eine Rose verliebte.

Buchstaben und Wörter hatten für mich etwas Magisches. Schon als kleines Kind wollte ich wissen, was sie bedeuten und fragte meinen Eltern Löcher in den Bauch. Was bedeutet dies, was bedeutet das? So kam es, dass ich lesen konnte, bevor ich zur Schule ging.

Meine Liebe zu Büchern wurde mit den Jahren immer größer. Natürlich studierte ich Literatur. Und ich lernte Sprachen, denn auch sie sind das Tor zu anderen Welten und neuen Facetten des Ich. Später studierte ich noch Kunst, meine zweite Leidenschaft, die mich seit meiner Jugend begleitet, und übte mich in kreativem Gestalten und Schreiben.

Meine Bibliothek wuchs und wuchs. Bücher, die mir etwas bedeuten, leihe ich nicht aus. Ich möchte sie immer bei mir haben. Sie in die Hand nehmen, sie anschauen, darin blättern und lesen. Diese Bücher sind ein Teil von mir. Begleiten mich auf meinem Weg und spenden mir Rat, wann immer ich Rat suche. Manche Bücher bringen mich zum Lachen, andere trösten mich und wieder andere inspirieren mich. Und das immer wieder aufs Neue.

Ganz besonders liebe ich bibliophile Bücher. Diese Bücher inspirierten mich dazu, selbst bibliophile Bücher zu machen. Das Faszinierende am Schreiben und Gestalten von Büchern liegt für mich in der Vielfalt an Möglichkeiten des kreativen Ausdrucks im Zusammenspiel von Wort und Bild. Ich liebe es, damit zu spielen und zu experimentieren. Die Künstlerin in mir liebt es, mit Bildern Geschichten zu erzählen. Und die Autorin in mir liebt es, mit Worten zu malen. So entstehen Bücher, die sich in kein gängiges Schema einordnen lassen, weil sie sehr künstlerisch sind, sehr persönlich und individuell wie ich. Das betrifft vor allem meine illustrierten Bücher. Eine Art Bilderbücher für Erwachsene. Erwachsene, die wie ich in ihrem tiefsten Inneren Kind geblieben sind, phantasievoll und verträumt, und noch immer neugierig und offen für die kleinen und großen Wunder des Lebens.

Martina Rall, 9.11.2015


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